Arbeitsgruppe Kinetische-Induktivitäts-Quantensysteme
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Mesoskopische physikalische Herausforderungen (von/in) supraleitenden Quantengeräten
Supraleitende Qubits sind Vorreiter bei der Quantencomputer-Forschung. Unter Ausnutzung der verlustarmen Eigenschaften von Supraleitern und der Nichtlinearität von Josephson-Kontakten können mesoskopische supraleitende Schaltungen konstruiert werden, in denen Quanten-Überlagerungszustände existieren und verschränkt werden können, wodurch sich skalierbare Quanteninformations-Prozessoren konstruieren lassen. Durch die Kontrolle und Messung dieser fragilen Quantenzustände sollten sich letzten Endes leistungsstarke Quantenalgorithmen implementieren lassen, die bei einigen Anwendungen eine viel günstigere Skalierung aufweisen als ihre klassischen Gegenstücke. Es gibt jedoch noch viele Herausforderungen bei der Aufrechterhaltung der Kohärenz, der Abschwächung des Rauschens und der Verbesserung der Zuverlässigkeit der Gatter. Wir konzentrieren uns derzeit auf drei mesoskopische physikalische Phänomene, die die Entwicklung kohärenter supraleitender Hardware erheblich erschweren: Wechselwirkungen ionisierender Strahlung mit dem Substrat des mikroelektronischen Qubits (1), langlebige und unkontrollierte Zwei-Niveau-Systeme, die der Umgebung des Qubits ein Gedächtnis einprägen (2,3), und Fluktuationen in der Transparenz der Aluminiumoxid-Tunnelbarrieren der Josephson-Kontakte (4).
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Materialwissenschaft für Quanteninformations-Hardware
Supraleitende Quantenschaltungen haben vielversprechende Anwendungen in den Bereichen Quantencomputing und -detektion. Im Allgemeinen wird ihre Leistung durch eine Vielzahl von Verlusten und Rauschquellen begrenzt. Um diese zu verringern, lag der Schwerpunkt in den letzten zehn Jahren auf der Verbesserung des Mikrowellen-Designs und der Herstellungsprozesse. Ein anderer Ansatz, der in letzter Zeit in den Mittelpunkt des Interesses gerückt ist und im Mittelpunkt dieses Projekts steht, besteht in der Erforschung völlig neuer Materialien. Zu diesem Zweck nutzen wir die breite Palette moderner Charakterisierungsverfahren, die in der heutigen Materialwissenschaft zur Verfügung stehen. Ein vielversprechender Kandidat ist Tantal (Ta). Es hat kürzlich eine stufenweise Erhöhung der Lebensdauer von Transmon-Qubits ermöglicht. Das Ziel unserer Untersuchung von Ta ist es, strukturelle Materialeigenschaften wie z. B. Dehnung, Korngrößen oder Defektdichte mit den Verlusten in supraleitenden Schaltkreisen in Verbindung zu bringen und mit diesem Wissen die Kohärenzzeiten von Qubits noch weiter zu erhöhen.
Ein weiteres Beispiel für ein Material, das im Rahmen dieses Projekts untersucht wird, ist granulares Aluminium (grAl). Es ist ein Nanokomposit aus selbstorganisierten Aluminium-Nanokörnern, die in eine amorphe Aluminiumoxid-Matrix eingebettet sind (5). Der Oxidanteil kann in einem weiten Bereich variiert werden, was zu einem Übergang vom Supraleiter zum Isolator führt. Sowohl die daraus resultierende variable kinetische Induktivität als auch die durch grAl-basierte Elemente eingeführte Nichtlinearität sind wertvolle Ressourcen in supraleitenden Schaltungen.Während die mit grAl verbundenen dielektrischen Oberflächenverluste mit denen von reinem Aluminium vergleichbar sind (6), bleiben die induktiven Verluste und insbesondere die Quasiteilchenvergiftung eine offene Herausforderung. Mit einem zunehmend besseren Verständnis seiner mikroskopischen Struktur untersuchen wir verschiedene Verlust- und Rauschmechanismen in grAl und entwickeln Techniken, um diese zu verringern.
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Ausgewählte Veröffentlichungen: |
(5) N. Maleeva et al., Nat. Commun. 9 (2018) 3889 |
(6) L. Grünhaupt et al., Phys. Rev. Lett. 121 (2018) 117001 |
Modularer Quantenprozessor
Unser Ziel ist die Entwicklung eines Rahmens für die Quantenelektrodynamik von Schaltkreisen unter Verwendung einer Flip-Chip-Architektur, in der wir das Auslesen, die Kopplung und die Flusskontrolle von verallgemeinerten Flux-Qubits auf vollständig modulare Weise implementieren, so dass Schaltkreise, die verschiedene Aufgaben innerhalb des Systems erfüllen, individuell vorbereitet und ausgetauscht werden können. Dies schafft optimale Bedingungen, um innovative Kopplungsschemata für alle Arten von Flux-Qubits zu entwickeln und zu testen. Darüber hinaus wollen wir die Auswirkungen von vollständig getrennten Qubits auf verschiedenen Chips erforschen, indem wir die Unterschiede zu konventionelleren On-Chip-Architekturen untersuchen, z. B. in Bezug auf korrelierte Qubit-Fehler und Gatterzuverlässigkeiten.
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DJJAA Quanten-Verstärker
Eine der grundlegenden Notwendigkeiten der Quanteninformationsverarbeitung ist die schnelle Bestimmung des Zustands eines Qubits auf einer Zeitskala, die deutlich kürzer ist als seine Relaxationszeit. Zwar ist es theoretisch möglich, die Amplitude des Auslesesignals über die Rauschschwelle herkömmlicher HEMT-Verstärker (High-Electron-Mobility-Transistor) hinaus zu erhöhen, doch führt dies im Allgemeinen zur (Zer-)Störung der Quantenkohärenz, was Zuverlässigkeit des Ausleseprozesses beeinträchtigt. Wir müssen daher Verstärker mit möglichst geringem zusätzlichem Rauschen verwenden, d. h. sie müssen so nahe als möglich an der Quantengrenze arbeiten.
In supraleitenden parametrischen Verstärkern wird die Nichtlinearität, die erforderlich ist, um Energie von einem starken klassischen Pump-Ton auf ein schwaches Quantensignal zu übertragen, von verlustarmen induktiven Elementen, typischerweise Josephson-Kontakten (JJs), bereitgestellt. Unsere parametrischen Verstärker, die vollständig mit optischen Zweischritt-Lithographietechniken hergestellt werden, bestehen aus einem Array von Josephson-Kontakten mit Dispersionseigenschaften (7). Wir bezeichnen diese Geräte als Dimer-Josephson-Junction-Array-Verstärker (DJJAAs). Durch die Verwendung langer Arrays, die Tausende von JJs enthalten, können wir eine Verstärkung in mehreren Eigenmoden und einen großen Dynamikbereich erreichen. Darüber hinaus kann die Abstimmbarkeit des Flusses in jedem Modus durch den Einsatz von supraleitenden Quanteninterferenzbauelementen (SQUIDs) verbessert werden, sodass ein einziger DJJAA-Verstärker potenziell das gesamte Frequenzband zwischen 1 und 10 GHz abdecken kann.
DJJAAs werden häufig für das Auslesen von supraleitenden Qubits verwendet (7,8,9,10). Wir entwickeln ständig neue Varianten und Funktionen.
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Supraleitende Quantenschaltungen für Hybridarchitekturen
Hybride Quantenarchitekturen bieten die Möglichkeit, die Vorteile von zwei (oder mehr) Qubit-Plattformen zu kombinieren und gleichzeitig deren Schwächen zu vermeiden. Damit könnten sie bahnbrechend bei der Suche nach dem perfekten Kompromiss zwischen Kohärenz und Kontrolle in einem skalierbaren Quantencomputer sein.
In diesem Projekt wollen wir in Zusammenarbeit mit der Gruppe von Wolfgang Wernsdorfer am KIT supraleitende Quantenschaltkreise kompatibel mit starken Magnetfeldern im Tesla-Bereich machen, eine Schlüsselvoraussetzung für viele hybride Quantenarchitekturen. Um die Quantenkohärenz aufrechtzuerhalten, benötigt man ein Material, das trotz starker Magnetfelder supraleitend bleibt und dabei geringe Mikrowellenverluste aufweist. Granulares Aluminium (grAl) ist hierfür ein vielversprechender Kandidat mit einem kritischen Feld im Bereich von einigen Tesla und in Resonatormessungen in Magnetfeldern von bis zu 1 T geringe Mikrowellenverluste aufweist (11, 14). Eine zusätzliche Voraussetzung für die Realisierung supraleitender Qubits ist ein nichtlineares Element, das bislangr üblicherweise durch einen Supraleiter-Isolator-Supraleiter-Josephson-Kontakt (JJ) realisiert wird. Granulares Aluminium besteht aus Aluminiumkörnern in einer amorphen AlOx-Matrix und ähnelt daher einem 3D-Netzwerk aus JJs. Damit lässt sich die Nichtlinearität einer Struktur einfach mittels des Querschnitts der grAl-Regionen anpassen. In einem supraleitenden Transmon-Qubit konnten wir zeigen, dass das ein Josephson-Kontakt durch ein wesentlich kleineres Volumen grAl ersetzt werden kann (12). Darüber hinaus konnten wir zeigen, dass es mit grAl möglich ist, supraleitende Fluxonium-Qubits aus einer einzigen Schicht eines supraleitenden Dünnfilms zu erhalten (13). In einem nächsten Schritt streben wir ein grAl-basiertes Qubit an, das Magnetfeldern bis zu 1T standhält.
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